Selbstbildnis
 

Alt-Brauneberg
 

Landschaft um Hermeskeil
 
 
 
 

 

Hans Schlösser
Ein unbekannter Maler aus Hermeskeil


Dittmar Lauer

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Hans Schlösser war ein wahrer Künstler, der begnadet war durch den Adel und den Trost der Kunst, zugleich aber auch beladen mit der Schwere des armen Menschenlebens.

Der Heimatschriftsteller Peter Kremer aus Bernkastel-Kues muß den Künstler und den Menschen Hans Schlösser genau beobachtet und wohl gekannt haben, dass ihm diese Lebenszeichnung so treffend aus der Feder floß. Aber obwohl Hans Schlösser erst vor knapp 35 Jahren starb, ist er als Persönlichkeit und Maler den meisten Menschen fast unbekannt und auch unerkannt geblieben, und selbst in seinem Geburtsort Hermeskeil wissen nur ganz wenige etwas mit dem Namen Schlösser anzufangen.

Die Schlössers stammen aus der Köln-Düsseldorfer Gegend. Großvater und Urgroßvater wurden in Gilverath geboren. Schlössers Vater, Theodor Lambert Schlösser, 1860 in Lohhausen geboren, verlor früh seine Eltern und wurde als Vollwaise und Pflegekind in Köln-Lindentahl erzogen. Seine Pflegeeltern hatten ihn das Schuhmacherhandwerk lernen las­sen, und er ging, in diesen Jahren durchaus üblich, nach seiner Lehre auf die Walz. Gemeinsam mit einem Maler namens Winter kam er so nach Hermeskeil, wo er die 28-jährige Katharina Zumpro aus Zinsershütten kennenlernte. Theodor Lambert Schlösser selbst war inzwischen 30 Jahre alt. Die Familie Zumpro, eine alte Handwerkerfamilie, muß um 1700 aus dem schweizerischen Graubünden in den Hochwald gekommen sein. In Sötern nahm sie ihren Sitz. Einer der Söhne des Einwanderers Johann Zumpro, Johann Valentin, wird 1753-1755 als Hintersasse in Welschlonkich geführt und starb 1781 als Zimmermann in Züsch.

Theodor Lambert Schlösser und Katharina Zumpro heirateten im August des Jahres 1891 in Hermeskeil. Ihr ältester Sohn, Hans Schlösser, war bereits am 30. Juli 1891, an einem Sonntagmorgen, auf die Welt gekommen. Geboren im Kellerecken, heute Züscher Straße, wohnten die Schlössers aber auf dem sogenannten Berg im Vogelweh, dem heutigen Vogelsang. Aus der Kinderzeit ist wenig überliefert, nur dass Hans Schlösser noch drei Geschwister, zwei Brüder und eine Schwester, bekam. August wurde später, wie sein Vater, Schuster, Theodor bekam eine Anstellung bei der Bahnpost.

Das Entlassungszeugnis der Volksschule zu Hermeskeil im Jahre 1905, unterzeichnet von dem damaligen Pastor Michael Dunkel als Schulinspektor und dem verdienstvollen Rektor Ludwig Bach, gab einen ersten Hinweis auf die Begabung des jungen Hans Schlösser, denn die Note sehr gut im Zeichenfach hob sich von den sonstigen durchschnittlich befriedigenden Leistungen ab. Diese Begabung des jungen Schlösser wurde wohl durch die ihm vom Vater eingepflanzte Naturliebe kräftig gestützt. Wegen besserer Ausbildungsmöglichkeiten für seine Kinder verlegte Vater Schlösser um 1907 den Wohnsitz seiner Familie aus dem Hochwald in die Stadt Trier. Sein ältester Sohn Hans sollte hier zunächst eine Ausbildung als Landvermesser durchlaufen, aber dessen Liebe zu Farbe, Stift und Papier bewog den Vater, ihm eine Lehrstelle bei dem Trierer Dekorationsmaler Jabob Sauer im Maler- und Anstreicherhand­werk zu beschaffen. Nach einer vierjährigen Lehrzeit 1907-1911 schloß er die praktische und theoretische Gesellenprüfung mit der Note gut ab, wobei besonders seine Fähigkeiten im Ornamentmalen, Porträtzeichnen und Modellieren vermerkt werden. Diese zeichnerischen und malerischen Fähigkeiten suchte Hans Schlösser während seiner Lehrzeit in Fortbildungskursen zu verfeinern und so recht und schlecht zu Papier und zu sichtbarem Ausdruck zu bringen. Nach Abschluß seiner Lehre bei Jakob Sauer besuchte Hans Schlösser 1911-1913 die Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Trier, sicher ermuntert durch seine Abendkurslehrer, denen seine besondere Begabung nicht verborgen geblieben war. Hans Schlösser selbst mag auch schon damals seinem Wunschtraum, Maler zu werden, nachgehangen haben.

Als seine Lehrer an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Trier sind van de Velde, Schinnerer und Trümper bekannt. Vor allem August Trümper, 1874 in Hamburg-Altona geboren und seit 1901 an die Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Trier als Hauptfachlehrer für Zeichnen, Malen und Komposition sowie Akt und Porträtzeichnen berufen, prägte eine Generation lang die künstlerische Atmosphäre in Trier wesentlich mit und bildete eine ganze Schar junger Maler und der Malerei verwandter Künstler aus. Die überzeugende, oft auch autoritäre Künstlerpersönlichkeit August Trümpers formte so denn auch das Talent des inzwischen zwanzigjährigen Hans Schlösser. Die beeindruckendsten impressionistischen Werke Trümpers sind die frisch vor der Natur entstandenen, er brauchte das direkte Gegenüber des zu malenden Objektes. Diese künstlerische Sicht- und Arbeitsweise findet sich auch in den späteren Werken Hans Schlössers in ausgeprägtem Stil. Bei Trümper lernte Schlösser den begabten Maler und Graphiker Fritz Quant kennen, mit dem ihn eine langandauernde Freundschaft verbinden sollte.

Gleich nach der Mobilmachung, die den unseligen Ersten Weltkrieg einläutete, wurde Hans Schlösser, 23 Jahre alt, in der ersten Augustwoche des Jahres 1914 als Gefreiter zum Rheinischen Infanterie-Regiment Nr. 65, III. Bataillon, nach Köln-Diehl eingezogen. In der zweiten Augusthälfte findet sich Hans Schlösser mitten im grausamen Kampfgeschehen und macht die Erstürmung der Schützengräben von Perthes mit. Seinem Skizzenbuch, das er immer bei sich trug, vertraut er einige Kriegserlebnisse an, in flüchtigen Bleistiftkonturen, kleinformatig modelliert und teilweise koloriert.

Mitte August 1915 wurde der Grenadier Hans Schlösser bei einem Fronteinsatz verwundet. Ein Granatsplitter verletzte ihn an der rechten Hand. Für seine Tapferkeit vor dem Feind wurde ihm das Eiserne Kreuz II. Klasse angeheftet. Im Kriegslazarett in Brüssel kurierte Schlösser seine Verletzung aus, die, Gott sei gedankt, nicht so schlimm ausgefallen war, so dass er schon kurze Zeit nach seiner Einlieferung in das Lazarett wieder zu seinem geliebten Skizzenbuch greifen konnte.

Weihnachten 1915 verbrachte Schlösser noch im Brüsseler Lazarett, in der ersten Januarwoche aber meldete er sich wieder zum Kriegseinsatz in der Champagne zurück. In seinem Skizzenbuch aus dieser Zeit hat Hans Schlösser weniger das Kriegsgeschehen festgehalten als vielmehr auf zahlreichen Blättern Landschaft, Gebäude und Menschen skizziert. Eine zweite Verwundung Mitte Mai 1917, ein Durchschuß, zwang Schlösser zu erneutem Lazarettaufenthalt, diesmal in Neustadt a.d. Haardt. Er wurde mit dem Verwundetenabzeichen und dem Frontkämpferkreuz ausgezeichnet und zum Unteroffizier befördert, um gleich wieder an die Front nach Flandern geschickt zu werden. Bei Bellingcourt wurde er, kurz vor Kriegsende, am 29. September 1918 von einer amerikanischen Einheit gefangen genommen und zunächst nach Blackdown in der Nähe von Farnborough, südwestlich von London gelegen, in das englische Gefangenenlager Pattishall überführt. 14 Monate lang sollte er in Gefangenschaft ausharren müssen, obwohl der völkermordende Erste Weltkrieg mit dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 sein Ende gefunden hatte. Die Gefangenschaft bescherte ihm ja so viel Zeit, wenig Sorgen und gar kein Zeichenmaterial. Das besorgte ihm sein Künstlerfreund Fritz Quant, der Papier, Stift, Farben und Pinsel nach England schickte. Mit großem Fleiß entstanden während der Gefangenschaft hunderte von Skizzen.

Im November 1919 war Hans Schlösser wieder zu Hause in Trier. Seine Kraft galt zunächst der Existenzsicherung, an Malen und Zeichnen war nur begrenzt zu denken. Dennoch sind einige Aquarellakte, Trierer Motive in Öl, zwei Porträts aus diesen ersten Nachkriegsjahren erhalten. Am 13. August 1921 heiratete Hans Schlösser die dreißigjährige Maria Loersch aus Neufilzen, Tochter des Schreinermeisters Johann Loersch und der Winzerin Elisabeth Erz. Zwei Kinder, Hans Paul und Ma­ria Katharina, die mit 5 Jahren sterben sollte, wurden in Trier geboren. 1922 legte er seine Meisterprüfung ab und ließ sich in der Heimat seiner Frau in Brauneberg, das damals noch Dusemond hieß, als selbständiger Handwerker eintragen. Er firmierte als Hans Schlösser, Malermeister und Graphiker und bot seine Dienste für Entwurf, Reklame, Schrift und Bild, Aquarell- und Ölmalerei an. Diese Formulierung im Kopf seiner Geschäftsbriefe drückt die Sehnsucht und den inneren Wunsch Hans Schlössers zur Genüge aus, Anerkennung und Erfolg als Maler zu suchen und zu finden und nicht so sehr auf Broterwerb durch Anstreichen und Tapezieren in den Moseldörfern angewiesen zu sein. Aber die wenigen überlieferten Arbeiten Schlössers aus dieser Zeit, vor allem Zeichnungen mit Landschafts- und Architekturmotiven, lassen ahnen, dass die Existenzsorgen dem Künstler Schlösser zu schöpferischer Arbeit wenig Zeit ließen.

Dann gelang Hans Schlösser im Jahre 1925 sozusagen ein großer Wurf. In einem Plakatwettbewerb zur Jahrtausendfeier der Rheinlande wurde ihm der 1. Preis zugesprochen. Das Motiv zeigt den Petersbrunnen auf dem Trierer Hauptmarkt, im Hintergrund die Steipe und das Rote Haus, noch unzerstört. Der Preis war mit einem schmalen Honorar von 300 Reichsmark dotiert.

    Das Verfahren und Resultat des Plakatwettbewerbs gaben zu einer heftigen Diskussion in der Trierer Presse Anlaß. Die nicht sehr rege Beteiligung der hiesigen Künstler wurde auf die zu geringe Preissumme zurückgeführt. Die Sparsamkeit war gerade hier schlecht am Platze, wo Preisausschreiben dieser Art in Trier sowieso eine Rarität sind. Ein heftiger und polemisch geführter Streit entbrannte über die Mißachtung des heimischen Kunstgewerbes, durch die Konkurrenz festbesoldeter Beamter.... die das gesamte Trierer Gewerbe auf unverständliche Art und Weise beschimpften und besudelten... und dazu noch befördert wurden... Stadt- und Staatsbeamte wetteiferten darin, dem Privatkünstler das Brot zu nehmen. Hans Schlösser selbst nahm zu dem Künstlerstreit in einem Leserbrief 1925 Stellung. Er drückte seine Meinung aus, dass es jedem freigestellt gewesen sei, zu bringen, was er dachte. Er habe sich an die Forderungen des Wettbewerbs gehalten, bei bildlichen Darstellungen ist auf die Schönheit Triers und die städtebürgerliche Schönheit hinzuweisen. Zu dem Disput über Kunstrichtungen, der sich an dem Plakatwettbewerb entfacht hatte, schreibt Schlösser: Ich habe nur einen Entwurf gebracht mit dem Kennwort Petersbrunnen. Es wäre mir leicht gewesen, et­was Einfaches zu bringen, das weniger Arbeit und Denken verursacht hätte. Drei Kreuze, oder dergleichen weniger, was hätte das mit Trier zu tun, mit städtebürgerlicher Schönheit? Ich weiß so gut wie jeder Kunstbeflissene, was und wie ein Plakat beschaffen sein muß. Ist das Kunst, ein weißes Papier hinzuhängen und darauf die Zahlen 1000 zu schreiben? Wenn die Sache mehr wirken soll, so streichen wir das Blatt schwarz an und machen in der Mitte einen weißen Punkt. Das genügt schon, um zu wirken, schreiben darunter Jahrtausendfeier der Rheinlande. Hat einmal ein anderer einen Namen, dann kommt ein Kunstbeflissener und macht Kunstdunst den Leuten vor. Ich... habe genug gesehen... um für mich zu urteilen, was gut und schlecht, was einfach und gedankenvoll, oder Futurismus, wie alle die Ismussen heißen mögen, das wird wohl ein Kunstbeflissener wissen. Mein Wahlspruch sei: Arbeiten und nicht verzweifeln. Mit nichts ist nichts getan.

    Das Plakat prangte in allen größeren deutschen Städten und diente zahlreichen Publikationen zur Illustration. Nicht zuletzt muß der Entwurf Hans Schlössers als ein großer Werbeerfolg auch für die Stadt Trier angesehen werden. Mit diesem Erfolg schien bei Hans Schlösser innere Ruhe und Sicherheit eingekehrt zu sein, die sich in einer verstärkten künstlerischen Tätigkeit ausdrückten. Auf Schlösser aufmerksam geworden, kaufte die Stadt Trier sein Landschaftsbild Brauneberg, das während der Rheinischen Dichtertagung im Bischof-Korum-Haus ausgestellt war. In der Presse fanden sich gute Kritiken, die den Künstler Hans Schlösser in seinem schöpferischen Tun bestärken mußten.

    1928/29 bauten sich die Schlössers in Brauneberg ein eigenes Haus mit einem kleinen Atelier. Die Familie war inzwischen auf sechs Köpfe angewachsen, ein weiteres Kind war unterwegs. Schlössers Frau Maria hatte etwas Vermögen mit in die Ehe gebracht, den Rest gedachte Schlösser aus seinen kräftiger sprudelnden Künstlerhonoraren beizusteuern. In dieser Zeit besuchte der Trierer Studienrat und Kunstkritiker Mauder, der sich Informationen und Kenntnisse vor Ort beschaffen wollte für seine Serie Trierer Malerei, Trierer Malergruppen und Maler, den Handwerker und Künstler Hans Schlösser in seinem neugeschaffenen Heim. In der Trierischen Heimat schrieb er Anfang 1933 : Sein künstlerisches Glaubensbekenntis ist kurz und einfach: Für ihn ist die Natur die große Meisterin. Was ihm in ihr gefällt, das malt er, und zwar nur im Freien, wenn's auch manchmal bitter kalt ist. Ihn zwingt es immer, Licht und Luft zu meistern, nicht durch Manier[ier]en, sondern durch das Sehen und Abstufen der Farben. Weil er auf keinem Schema reitet, gibt es für ihn auch keine Probleme. Licht und Luft! Das Motiv, das Gegenständliche tritt bei Schlösser nie aufdringlich vor, ist nie gesucht, ist nur da, um die Wirkung von Licht und Luft darauf spielen zu lassen...

    Der Name Hans Schlösser war bekannt geworden. Es ergaben sich Kontakte mit verschiedenen Künstlerpersönlichkeiten, und es kam ein reger Briefverkehr zustande. Über acht Jahre tauschte er allerlei Kunstsinniges mit dem Stuttgarter Maler German Hübsch aus, mit der Malerin Else Knoll aus Berlin verband ihn persönliche Freundschaft, und auch die Hamburger Künstlerin Brunhilde Kirschbaum war auf den Maler Hans Schlösser aufmerksam geworden. Natürlich erwartete sich Schlösser von diesen und anderen Bekanntschaften und Beziehungen eine weitere Förderung für seine Kunst, versprach sich auch erfolgreiche Ausstellungen in den Großstädten. So versuchte Else Knoll, über ihre Kontakte zu dem seinerzeit sehr bekannten Genre- und Landschaftsmaler Otto Antoine in Berlin-Wilmersdorf eine Schlösser-Ausstellung zustande zu bringen. Sie mußte dem Trierer Künstler aber mitteilen, dass kaum Chancen bestünden, da man in Berlin meist auf ultramoderne Sachen eingestellt sei. Auch aus Hamburg teilte Brunhilde Kirschbaum mit, der Hamburger Kunstverein habe von einer Ausstellung abgeraten und dass Hamburg gar kein Feld für die Kunst ist. Schlösser habe von einer Ausstellung in Hamburg gar keinen Nutzen, nur Unkosten, seit einem halben Jahr habe der Kunstverein beinahe ein Bild verkauft, überall fehle das Geld. Selbst die Millionäre, die früher die teuersten Bilder und sonstigen Kunstgegenstände erworben hätten, hiel­ten sich in diesen schlechten Tagen bedeckt. Erfolg dagegen hatte Schlösser mit seinem Gemälde Panorama der Stadt Trier, mit dem er sich an der Trierer Ausstellung 1930 Landschaften des befreiten Rheinlandes beteiligte. Das Werk stellt einen Blick von dem vom neuen Kamm des Weißhauswaldes führenden Fußpfad aus auf die Stadt Trier dar und ist von der Brauerei Caspary in Trier erworben worden, um einen Platz als Wandbild in einer vielbesuchten Gaststätte in Bernkastel zu finden. Das Bild findet infolge seiner hervorragenden künstlerischen Ausführung allseitige Beachtung und stellt dem Können des geschätzten heimischen Malers das beste Zeugnis aus. Schlösser wurde im August 1930 vom Trierer Oberbürgermeister verständigt, dass die für ihn so erfolgreiche Ausstellung geschlossen wird. Die ursprüngliche Absicht, die Ausstellung in ihrer Gesamtheit nach einer anderen Stadt weiterzuleiten, hat sich nicht verwirklichen lassen.

    In Hermeskeil, Schlössers Geburtsort, versuchte sein Freund, der Redakteur, Drucker und Verleger Johann Lohmer, Besitzer einer Druckerei und verdienstvoller Herausgeber der Hermeskeiler Zeitung Hochwald-Zeitung... ein Organ für das Gesamtinteresse des Hochwaldgebietes, 1929 im Rahmen einer Verkaufsausstellung Bilder zu verkaufen. Zunächst schien das Vorhaben sich gut anzulassen, denn dauernd stehen Leute – Studierte, Künstler, Bauern und andere mehr – vor den Kunstwerken und diskutieren, dass es eine wahre Freude ist, zuzuhören. Aber schon bald schickte Lohmer die meisten Bilder, Zeichnungen und Ölgemälde an Schlösser nach Brauneberg zurück. Man merkt doch so recht, dass der Hochwald sehr arm ist. Lohmer rät Schlösser zu Ausstellungen in der Stadt Trier, dort ist doch mehr Kunstverständnis als hier auf dem Lande. Diese Absagen und Vertröstungen müssen den Menschen Hans Schlösser tief getroffen haben. Zu diesen für den sensiblen Künstler deprimierenden Enttäuschungen gesellten sich nun auch finanzielle Sorgen, die in der wenigen Arbeit, als Künstler und auch als Handwerker, in der angewachsenen Familienzahl und vor allem durch den doch teuren Hausbau begründet waren. Geradezu demütigend muten die kleinen Zuwendungen an, die er auf sein Ersuchen hin aus dem Hilfefond des Regie­rungspräsidenten von Trier erhielt. Der Landrat des Kreises Bernkastel bewilligte Schlösser den Betrag von 40 Reichsmark aus der Stiftung des Kreises für besonders bedürftige und würdige Kreisangehörige. Mit Schlössers Gesundheit war es in diesen Jahren bitterer wirtschaftlicher Not auch nicht zum Besten bestellt. 1931 wurde ihm ein Freibett im Genesungsheim für Gelehrte und Künstler in Bad Ems bewilligt und zwei Jahre später stand ihm die Stiftung Hindenburg (Hindenburg-Spende) einen dreiwöchigen Kuraufenthalt in Bad Wildungen zu.

    Hans Schlösser hatte sich dem Bund Deutscher Gebrauchsgraphiker angeschlossen. Im Zuge der allgemeinen Überführung der freien Verbände in zentralistisch-nazistisch geführte Dachorganisationen wurde auch der Gebrauchsgraphikerbund in die Reichskulturkammer gezwungen und es ist anzunehmen, dass dann auch Hans Schlösser Mitglied dieses Kulturvergewaltigungsunternehmen werden mußte. Nazi war Hans Schlösser sicherlich nicht, auch ist er nicht Mitglied der Partei geworden. Sicher wäre sein Versuch, 1935 durch ein Stipendium bei der Deutschen Albrecht-Dürer-Stiftung in Nürnberg sich weiter auszubilden, nicht abschlägig beschieden worden, wenn er Parteigenosse gewesen wäre. Politisch stand er den Liberalen nahe, was aus Briefen des ehemaligen Trierer Kommunalpolitikers Wilhelm Rautenstrauch von vor 1933 und nach 1945 zu erlesen ist. Nach dem Zusammenbruch ist er Mitglied der LPD, der Vorgängerpartei der heutigen F.D.P., gewesen.

    In den folgenden Jahren bot sich dem Maler Hans Schlösser die Möglichkeit von Studienaufenthalten, gemeinsam mit einer Künstlergruppe: So 1936 in der Eifel und im Chiemgau, 1942 in Luxemburg. Es entstanden eindrucksvolle Aquarelle: In Kehlberg/Eifel mehrere Dorfbilder von dokumentarischem Wert, alte Fachwerkhäuser und -schuppen, malerische Dorfwinkel, in Aschau/Chiemgau Gebirgslandschaften, und Häusergruppen und Straßenszenen in Schoos und Fischbach im Luxemburgischen.

    Besondere berufliche Aktivitäten während und vor allem im Dienste des Nazi-Regimes entwickelte Hans Schlösser wohl kaum. Die bildhafte Ausgestaltung des HJ-Heimes in der ehemaligen evangelischen Kirche zu Brauneberg wurde zwar von Hans Schlösser ausgeführt. Aber der Entwurf für ein geplantes Wandbild ließ eher seine Abneigung als Zuneigung zur NS-Kultur erkennen, folglich kam der Entwurf auch nicht zur Realisierung. Weitere Auftragsarbeiten aus der NS-Zeit sind nicht bekannt.

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, war Hans Schlösser 48 Jahre alt, so dass er zunächst aufgrund seines Alters nicht eingezogen wurde. Er beteiligte sich an einigen Ausstellungen in Trier und im Trierer Land, etwa in Traben-Trarbach, bei der Großen Kunstausstellung des Kulturverbandes Gau Moselland in Wittlich, gemeinsam mit den bekannten heimischen Künstlern Peter Krisam aus Klüsserath und Pitt Kreuzberg aus Schalkenmehren, aber auch im neuen Heim der NS-Kulturgemeinde in Koblenz, der Ausstellung der Künstler der Westmark, auch hier zusammen mit Krisam und Kreuzberg sowie dem Bildhauer Hanns Scherl aus Wittlich. Im Jahre 1941 konnte Hans Schlösser seine Werke im Schloß Schönhausen in Berlin und 1942 im Kaiser-Friedrich-Museum in Posen zeigen.

In den Jahren zwischen 1941 und 1943 hielt sich Hans Schlösser vermehrt in seinem Geburtsort Hermeskeil auf, wo eine Reihe seiner Aquarelle entstanden, vorwiegend in der freien Natur zu Papier gebrachte Landschaften: Blick auf Hermeskeil, Die Katzenmühle, An der Wadrill, Damfloser Wald. Be­eindruckend das ausdrucksstarke Porträt Der alte Maurermeister aus Hermeskeil. 1942 nahm Schlösser an einer Ausstellung in der Volksschule in Hermeskeil teil, gemeinsam mit dem Morbacher Landschafts- und Porträtmaler Wilhelm Terwei und Paul Peters aus Bonn, der mit Vorliebe seine Motive in und um Wadern suchte. Diese Hochwald-Kunstschau war vom Hochwald-Kunstkreis ins Leben gerufen worden und war als Grundstein zu einer jährlich wiederkehrenden Ausstellung der Hochwald-Künstler gedacht: Der Hochwald-Kunstkreis sammelt die schöpferischen Kräfte der engeren Heimat, er will eine Pflegestätte der heimischen Kunst sein und junge, aufstrebende Talente fördern. Schon seit langem sind die kunstliebenden Kreise im Hochwald auf dem Wege, aus ihrer verkehrstechnisch bedingten Abseitigkeit, Anschluß an das große Kunstschaffen der Zeit zu gewinnen. Über Hans Schlösser und sein Werk schrieb Tilly Pöpperling in der Lokalpresse:

Hans Schlösser – gebürtiger Hermeskeiler – bleibt seiner Hochwaldheimat treu. Er hat Farbe und Linien dieser Heimat eingefangen, und schafft reizvolle Stimmungen. Seine Winterbilder ‚Januar 1941' und 'Märzschnee' – beides Motive aus Hermeskeil – sind bemerkenswerte Arbeiten. Durchblicke auf Damflos, Aquarell und Federzeichnung, zeigen den Zauber echter Hochwaldstimmung. Seine Blumenstücke schenken eine gelöste Heiterkeit. Auch die Bilder der weiten Sichten tragen den beschwingten Rhythmus großer Räume. Mit Liebe dem ein­gesessenen Volke verbunden, hat er Charakterstudien der Hochwälder geschaffen, darunter die prächtige Tuschezeichnung 'Am Weidenkneipen', in der das alte nunmehr aussterbende Handwerk des Hochwaldes mit sicherem Stift für Volkstypen festgehalten ist.

Diese Hermeskeiler Ausstellung darf als sehr erfolgreich für Hans Schlösser bezeichnet werden, auch, weil er von seinen 28 ausgestellten Werken recht viele an Kunstsinnige verkaufen konnte. Ein Aquarell mit einem Hochwald-Motiv wurde von der Hermeskeiler Amtsbehörde angekauft und hängt heute im Hermeskeiler Rathaus. Während seiner Besuche und Aufenthalte in Hermeskeil, traf er sich mit Bekannten und den wenigen Freunden, die ihn noch kannten, wobei man sich, was diesen Begegnungen eine besondere heimatliche Note gab, auf Hermeskeiler Platt unterhielt.

Doch im Februar 1945, kurz vor Kriegsende, beorderte man ihn zu einer Polizeischutztruppe nach Berlin, wo er am 25. April 1945 in russische Gefangenschaft geriet. Bald schon wieder freigelassen, verblieb er noch einige Monate in Berlin-Birkenwerder a.d. Havel, wo er in einem Schrebergartenhäuschen Unterkunft fand, ehe er am 3. Oktober 1945 wieder in die Heimat zurückkehren konnte. Die Nachkriegsjahre drückten schwer und gestalten sich für den Künstler Hans Schlösser sehr hart. In Bernkastel-Kues gaben Karl Christoffel und Peter Kremer ihre bekannten Wein- und Moselbücher heraus. Hans Schlösser wurde neben Jupp Hamm zum Hauptillustrator ausersehen. Doch die Kunst ernährte die Familie nie so recht und in den Hungerjahren nach dem verlorenen Weltkrieg mußte Hans Schlösser immer mehr auf seinen erlernten Beruf zurückgreifen und verrauchte Küchen streichen und Zimmer tapezieren, Fassaden ausbessern und mit neuer Farbe versehen. Diese Arbeiten, so notwendig sie auch für das tägliche Brot waren, konnten einen so sensiblen und seiner Kunst verschriebenen Menschen wie Hans Schlösser nicht ausfüllen. Es soll vorgekommen sein, dass er bei geringem Anlaß den Anstreicherquast in die Ecke feuerte und sich tagelang in sein Atelier einschloß, wo er sich dann in seine Kunst vertiefte.

1935 erschien das Buch Quartier an der Mosel von Karl Friedrich Borée. Hinter diesem Pseudonym verbarg sich der ehemalige Stadtrat zu Königsberg und Berliner Anwalt Dr. Karl Friedrich Boeters. Boeters hatte sich schon zuvor an der Mosel aufgehalten und machte hier eher zufällig Bekanntschaft mit Hans Schlösser. Diese Bekanntschaft mündete in eine langjährige Freundschaft zwischen Boeters und dem 5 Jahre jüngeren Maler. Über seine Begegnung mit Hans Schlösser erschien im selben Jahr in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein feuilletonistischer Aufsatz Menschen an der Mosel, der 1946 in der damaligen Trierer Zeitung, heute Trierischer Volksfreund, abgedruckt wurde. Boeters lernte Hans Schlösser über seine Kunst kennen, wie er selbst in seinem Aufsatz bemerkt. In dem Brauneberger Gasthaus,in dem er einen kurzen Urlaub verbrachte, entdeckte er ein Wandbild:

...mein Blick wanderte an den Wänden entlang, auf die ein breiter Fries gemalt war: eine Mosellandschaft mit Trier -und Märchenszenen. Ich sah sofort, dass das alles frei und mit eigener Note hingesetzt war, aber in die Flußlandschaft war das Brett für die Mäntel gehängt, dem Reh war ein Bildernagel durch den Leib gejagt und das Eichhörnchen war geköpft. Ich fragte, wer denn das gemacht habe (nicht diese Barbarei – beiliebe nicht – sondern den Fries), und erfuhr, dass es im Dorf einen 'Kunstmaler' gebe. Und nach einigen Tagen fand ich Zeit, den Mann aufzusuchen. Er war nicht zu Haus. Ich geriet zwischen, fünf kleine Kinder und solch eine Frau -verhärmt, gütig und klug, wie sie dazu gehört. Sie drängte mich einzutreten, und ich stand in einem Zimmer, dessen Wände ganz mit Bildern bedeckt waren, und sagte eine beträchtliche Weile nichts mehr. Man ist ja immer am empfänglichsten für Kunst, wenn sie einem sozusagen ohne Programm begegnet. In einer Ecke, entrückt, fand ich das Bild eines kleinen Mädchens auf dem Totenbett. Das Köpfchen mit den kindlichen und doch so ernst geschlossenen Lidern war gezeichnet, nur leicht getönt; aber unten herum prangte im farbigsten Aquarell der Feldblumenstrauß, den man ihm aufs Bett gelegt hatte. Die Frau war neben mich getreten und sagte, sie verstehe nicht viel von der Malerei; manche meinten, so etwas dürfe man nicht malen; aber wenn Weihnachten wäre, hängten sie das Bild immer in die Nähe des Christbaums und dann freuten sich alle, dass dies Kind auch noch zwischen ihnen sei. Über dem Schreibtisch hing ein kleineres Porträt, der Kopf eines deutschen Soldaten in englischer Gefangenschaft; die ganze Seele der Kriegsgefangenschaft steckte in diesem wunderbaren Bild. Indem ich an den Wänden entlang ging, lernte ich den Mann kennen, sein Schicksal und den Kreis seines Daseins, und vertiefte zugleich meinen Blick in die Landschaft der Mosel. Er schlug sich als Anstreicher durch, was ihn gewiß nicht entehrte; aber die Bauern gaben ihm nicht leicht Aufträge, sie fürchteten, dass er ih­nen etwas 'Besonderes' in die Stuben male. Zwischen Zwang und Leidenschaft schlug er sich einsam an diesem verlorenen Ort durch.  Als ich den dritten Abend mit diesem seltsam erregten Men­schen zusammengesessen hatte, aus dem die Lust, sich einem Verstehenden mitzuteilen, kindlich und gewaltsam hervor­brach, kramte er auch seine Aktstudien heraus. Aber unter dem Druck der bäuerlichen Umgebung fügte er bei jedem Blatt hin­zu, welche Verwandte das sei, die ihm da Modell gestanden habe; damit ich nur nicht auf den Gedanken käme, er gebe sich mit fremden Frauenzimmern ab. Der Mann blieb mein Freund, und ich hatte die Genugtuung, dass er sich im Laufe der Jahre allen Schwierigkeiten zum Trotz durchsetzte und ein Künstler wurde, bei dem sich Handwerk und Schöpfung glücklich zusammenfügen.

Karl Friedrich Boeters, 1886 in Görlitz geboren, mußte 1933 seine Berliner Anwaltspraxis auf Druck des Nazi-Regimes aufgeben. Seine schriftstellerischen Neigungen, denen er neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt nachging, mißfielen den Kulturhütern des sogenannten 1000jährigen Reiches, vor allem seine antimilitärischen Kriegsromane, denen das Moselbuch ebenfalls zuzurechnen ist. Aus diesem Grunde wohl wurde das Buch Quartier an der Mosel, zu dem Hans Schlösser den Umschlagentwurf beigesteuert hatte, 1936 verboten. Nach dem Berufsverbot schleppte sich Boeters als freischaffender Schriftsteller, Erzähler und Essayist durch die Nazizeit.

Nach dem Krieg avancierte Karl Friedrich Boeters 1952 zum Sekretär der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Dort starb er 1964 im Alter von 78 Jahren. Als seine Hauptwerke gelten Dor und der September (1930) und Der Abschied (1951). Beachtung fanden auch das philosophische Essay Diesseits von Gott (1941), sowie seine biologische Betrachtung Die halbvollendete Schöpfung (1948).

Die langjährige herzliche Freundschaft zwischen Karl Friedrich Boeters und Hans Schlösser läßt sich in zahlreichen Briefen nachzeichnen. Das Band, das diese Freundschaft zusammenhielt, war sicherlich die Kunst. Der sensible und leicht reizbare Hans Schlösser dürfte bei dem älteren, väterlichen Freund innere Ruhe und Ausgeglichenheit gesucht haben. Boeters versuchte, seine Bilder in Berlin zu verkaufen, freute sich über unzweifelhafte Fortschritte im Zeichnen und ermuntert Schlösser: Ihre Kraft liegt ja ganz unzweifelhaft in einer treuen, technisch vollendeten Wiedergabe der Natur, ich meine das Gesehene.

Nach der Entlassung aus kurzer russischer Kriegsgefangenschaft hatte sich Hans Schlösser in dem Berliner Schrebergartenhäuschen eingerichtet. Den Aufenthalt in diesem Refugium hatte ihm sein Freund Karl Friedrich Boeters ermöglicht, mit dem zusammen er am 3. Oktober 1946 ins Trierer Land zurückkehrte. Boeters war zu einem Vortrag in die kleine Treviris eingeladen worden, der in der Presse gebührend angekündigt worden war: 1935 erschien für kurze Zeit in den Auslagen der Buchhandlungen ein Buch 'Quartier an der Mosel. Sein Verfasser ist Karl Friedrich Boree, der mit seinem Roman 'Dor und der September' einige Jahre zuvor einen großen Erfolg erzielt hatte. Aber das 'Quartier an der Mosel verschwand schnell und still wieder vom Büchermarkt. Nicht, weil es ihm am Beifall der Leser gefehlt hätte, sondern weil es das Mißtrauen des Propagandaministeriums gefunden hatte. Das Buch wurde verboten. So sind der Dichter und sein Moselbuch in Trier nur wenigen bekannt geworden. Um so größer ist unsere Erwartung, ihn heute abend zu sehen und zu hören. Boeters bzw. Borées viel beachteteter Vortrag stand unter dem Motto Alle Erneuerung beginnt mit dem Geiste.

In Trier muß es zu einem Zerwürfnis zwischen dem bereits 60-jährigen Boeters und Schlösser gekommen sein. Nach Berlin zurückgekehrt, beklagte sich Boeters in seinem letzten Brief an Frau Maria Schlösser, dass er von ihrem Mann im Groll geschieden sei. Es war wohl die eigenwillige, sehr egozentrische Haltung des Malers, an der letztlich diese Freundschaft zerbrach. Es mag dennoch erstaunen, dass hier ein hochgebildeter Mensch aus Berlin auf der einen Seite und ein nur mit Volksschulbildung ausgestatteter einfacher Mann aus der Provinz über Jahre freundschaftlich verbunden waren. Verbunden durch die Kunst, aber vielleicht auch deshalb, weil es beiden Männern und ihren Familien, wie es Boeters in einem Brief für sich formulierte, dreckig ergangen ist.

Anfang 1956 weilte Hans Schlösser für einige Monate bei seinen beiden in Oyonnax in Burgund verheirateten Töchtern Elisabeth und Maria, und fuhr im Oktober zu seinem jüngsten Sohn Wilfried nach Stuttgart-Obertürkheim, der zu seiner Hochzeit geladen hatte. Hans Schlösser blieb noch einige Wochen im Schwabenland, wo er am 26. Oktober 1956 einem Herzinfarkt erlag. Mehrere unvollendete Arbeiten, von seinem Sohn Wilfried sorgsam verwahrt, zeugen von dem jähen Tod des Künstlers. Hans Schlösser war 65 Jahre alt geworden. In seiner Wahlheimat Brauneberg an der Mosel fand er seine letzte Ruhestätte.

Sein Freund und Gönner, der Heimatschriftsteller Peter Kremer, fand mitfühlende Worte, die den Menschen und Künstler treffend charakterisieren: Hans Schlösser ist ein Meister der Farbe und der Linien. Er hat die leichte Hand für die Besonderheiten des Moseltales, mit ihr konnte er die Stimmungen der Weinlandschaft und der Weindörfer mit weichen Linien wecken. Er hat auch die Augen und das offene Herz für die Schönheiten seiner Umwelt. Für die alten Häuser, Türen und Winzerhöfe. Eine bleibende Erinnerung sind seine Buchillustrationen: aus ihnen leuchtet stets eine sehr innige zeichnerische Feinheit.

Es ist lange Zeit still geblieben um Hans Schlösser, und nur im engsten Freundeskreis blieb die Erinnerung an sein künstlerisches Schaffen wach. Etwas ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wurde der Künstler im Vorfeld und während der Feierlichkeiten zur 1400-Jahr-Feier von Brauneberg 1988. In den Räumen des renovierten Brauneberger Klosters konnte man eine stattliche Anzahl seiner Bilder sehen, die Paul Mentges, ein in Brauneberg geborener Künstler, der den älteren Hans Schlösser noch gut kannte, aus dem Nachlaß des offenbar unermüdlichen Brauneberger Malers ausgewählt hatte. Über die Ölbilder, Aquarelle und Zeichnungen von Hans Schlösser berichtete der Kunstkritiker Hans Ludwig Schulte im Trierischen Volksfreund: Schlösser war mit seinen Dorf- und Landschaftsmotiven in den 30er und 40er Jahren auch auf großen überregionalen Ausstellungen vertreten, ein realistischer Maler, den das Nahe und Nächste, auch das seiner engsten Umgebung, augenscheinlich besonders beeindruckte. Er hielt es im Stil einfühlsamer Schilderung fest, zeichnerisch durchgebildet und farblich eher nüchtern und verhalten, unromantisch und auch in der Motivwahl fern einer dörflichen Idylle.

Hans Schlösser erlebte ein Künstlerschicksal, das geprägt war von den beiden Weltkriegen mit katastrophalem Niedergang und mühseligem Wiederaufbau, aber auch von persönlichem Kampf mit sich selbst, im Widerspruch von Alltagsarbeit und freiem Kunstschaffen. Eine kunstkritische Wertung seines umfangreichen Werkes steht noch aus. Die Voraussetzungen dazu schafft zur Zeit mit viel Idealismus der erwähnte Paul Mentges: Er sammelt, ordnet, katalogisiert die Vielzahl der hinterlassenen Bilder, Zeichnungen, Aquarelle, Ölgemälde, die von der enormen Schaffenskraft Hans Schlössers zeugen, um sie in einem Gesamtwerksverzeichnis zu erfassen, ein mühevolles Unternehmen. Paul Mentges glaubt, dies dem Künstler und Menschen Hans Schlösser schuldig zu sein. Mentges, selbst ein poetischer Schilderer des Landes zwischen Brauneberg, seiner Heimatstadt, Bitburg und Trier, stellte schon 1950 als junger Mann gemeinsam mit Hans Schlösser in Bernkastel-Kues aus und fand Lob von Peter Kremer: Er ist ohne Zweifel ein starkes Talent, das aufmerken läßt. Er wird seinen Weg in der Kunst vollenden.

Der Maler Hans Schlösser und sein Werk dürfen nicht vergessen werden. Kunstsinnige Menschen im Trierer Land sollten sich zu einem Freundeskreis zusammenfinden, dem die Pflege seines künstlerischen Wirkens am Herzen liegt. Dieser Aufsatz möchte ein wenig dazu beitragen.

 

Quellen- und Literaturangaben

Nachlaß (Korrespondenz und Presseberichte) Hans Schlösser im Besitz von Paul Mentges in Bitburg. Hinweise der Söhne Hans Schlössers, Hans Paul Schlösser in Brauneberg und Wilfried Schlösser in Winterbach/Württemberg.

Trierischer Volksfreund Nr. 183 vom 9. August 1988, Nr. 232 vom 7. Oktober 1989 und Nr. 237 vom 12. November 1989. 

Hermann Schmitt, Erinnerungen an einen Hermeskeiler Maler, in: Rund um Hermeskeil Nr. 18 vom 27. April 1989. 

Mauder, Trierer Malerei, Trierer Malergruppen und Maler. Hans Schlösser, in: Trierische Heimat, 10. Jahrgang, Heft 3/4, 1933, Seite 55-57.

Reinhard Heß, Trierer Maler: August Trümper, in: Neues Trierisches Jahrbuch 1979, Seite 65-67. 

Gustav Nießen, Dem Maler Hans Schlösser zum Gedenken, in: Jahrbuch für den Kreis Bernkastel-Wittlich 1986, Seite 377; auch abgedruckt in Franz Schmitt, Chronik von Brauneberg und Filzen, Brauneberg 1988, Seite 415 f.

Ulrich Thieme und Felix Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Leipzig 1907 ff.

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Erschienen in: Hochwälder Geschichtsblättern  3/1990, Seite 34-40

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