Maximilian Pasterts
Hüttenherr in Züsch, Unternehmer und Gutsbesitzer in Hermeskeil und Abgeordneter in Berlin

Dittmar Lauer

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  Vor 125 Jahren starb in Hermeskeil der Rentner Maximilian Pasterts. Eine bescheidene Grabplatte auf dem ev. Friedhof erinnert an den im Alter von 80 Jahren am 9. November 1876 verstorbenen Pasterts ebenso wie eine Tafel in der evangelischen Kirche. Demnächst wird eine Straße im zweiten Bauabschnitt des Baugebietes Medumland nach Pasterts benannt werden. Spätestens dann wird sich der an seiner Heimatgeschichte interessierte Hermeskeiler fragen, wer denn nun dieser Maximilian Pasterts gewesen ist und aufgrund welcher Lebensleistung ihm eine Straße gewidmet wird.
   
Hüttenherr in Züsch
  In den letzten Jahren hat sich die Verbandsgemeinde Hermeskeil - im Zusammenspiel mit dem Förderverein Züscher Hammer - mit viel Aufwand um Restaurierung und Wiederaufbau des ehemaligen Hammerwerkes im Altbachtal bekümmert. Über die relativ gut erhaltene und aus massivem Eichenholz zusammengefügte Fundamentkonstruktion des historischen Hammergestells ist zum Schutz ein schiefergedeckter Holzbau errichtet worden. Unmittelbar neben dem denkmalgeschützten Befund hat man ein den originalen Maßen angepasstes neues Hammerwerk mit Wasserrad und mächtigem Antriebsbalken nachgebaut, um die frühneuzeitliche vorindustrielle Eisenbearbeitung demonstrieren zu können.
  Schon kurz nach 1600 soll bei Züsch Eisen geschmolzen worden sein. Noch vor dem Dreißigjährigen Krieg wird ein Schmelzofen erwähnt, der dann offensichtlich 1635 zerstört worden ist. Zwanzig Jahre später halten sich etliche zu dem Hüttenwerk gehörige Personen in dem im Wiederaufbau befindlichen herrschaftlichen Haus auf. Wir erfahren von erheblichen Kornlieferungen aus dem Amt Grimburg an die Eisenhütte zu Züsch und von einem Hüttenschreiber. Hüttenherr ist zu dieser Zeit der aus Lüttich stammende Unternehmer Jean Mariotte, der auch Eisenwerke im Nassauischen und in Stromberg und Rheinböllen betreibt.
  Die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zum Erliegen gekommene Eisenhütte bei Züsch erlebt ihre Renaissance durch den Lütticher Eisenindustriellen Remacle Joseph Hauzeur. Im Altbachtal bei Züsch errichtet er ab dem Jahre 1694 eine Schmelze und ein Hammerwerk, baut eine kleine Kapelle für seine vorwiegend katholischen Hüttenarbeiter aus der Wallonie und stellt einen Hausgeistlichen ein.
  1765 geht das Hauzeur’sche Eisenwerk – oder was von ihm noch übrig war – an den Hüttenherrn Leopold Choisy über, wie wir aus dem Vertrag über die Erbauung eines neuen Eisenhammers auf dem alten Hammerplatz erfahren. Sieben Jahre später zieht es den Hüttenherrn in andere Gefilde und ab 1782 gibt ein gewisser Johann Carl Alberti ein kurzes Gastspiel, ehe zwei Jahre danach das Hammerwerk – der sogenannte Züscher Eisen- und Blechhammer - in den Besitz von Heinrich Detmar Pasterts gelangt.
  Die weit verzweigte Familie Pasterts lässt sich bis ins frühe 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Der uns interessierende Westerwälder-Hunsrücker Stamm wird von dem 1641 in Kirchseiffen im oberen Schleidener Tal geborenen Peter Pasterts begründet. Dieser Peter Pasterts findet sich im Jahre 1669 auf einer Hütte im Birkenfeldischen und in den folgenden Jahren als Pächter des Eisenwerks in Neunkirchen/Saar. 1675 – Pasterts ist inzwischen vierunddreißig Jahre alt - schafft er den Aufstieg zum Hüttenherrn auf der Honnesfelder Hütte im westerwäldischen Jahrsfeld und etwas später auf der Clemenshütte bei Niederbreitbach bei Neuwied. Gleichzeitig tritt er als Besitzer des Hammers zu Oberbiber bei Neuwied, des Hammers der Eisenschneidemühle und der Schmelzmühle bei Hellersdorf bei Neuwied sowie einer Hütte bei Hachenburg auf. Ab dem Jahre 1700 verlegt Peter Pasterts seine Unternehmungen in den Hunsrück und erwirbt die Weitersbacher Hütte bei Rhaunen sowie die Neuhütte im Guldenbachtal bei Stromberg – die später nach ihm Pastertshütte heißen wird. Daneben bringt er die Eisengruben und den Hammer bei Schweppenhausen und das Bergwerk bei Stromberg in seinen Besitz. Diese wahrhaft dynamische und erfolgreiche Unternehmerpersönlichkeit stirbt im hohen Alter von 87 Jahren im Januar 1728 in Stromberg und wird im Chor der evangelischen Kirche unter einer gegossenen Eisenplatte beigesetzt. Diese Eisenplatte ist mit dem Wappen eines stehenden Bären versehen. Das Wappentier ist wohl von seiner Frau Maria Elisabeth geb. Petz eingebracht worden – und wird künftig alle Generationen begleiten bis hin zu Maximilian Pasterts, dem Ultimus in der Reihe der in der ersten Generation so erfolgreichen Eisenhüttendynastie.
  Peter Pasterts Urenkel Heinrich Detmar Pasterts wird im Februar 1750 in Weitersbach geboren und ist seit 1790 mit seiner Cousine Philippine, Tochter des Hüttenherrn Johann Heinrich Stumm, verheiratet. Zu dieser Zeit ist Johann Heinrich Stumm bereits Alleininhaber der Stumm’schen Familienbetriebe gewesen. Um einer Zersplitterung der Firmenanteile vorzubeugen, legte Johann Heinrich Stumm die männliche Erbfolge fest, den Töchtern bleiben Firmenanteile verwehrt, werden aber ihrem Erbteil entsprechend ausgezahlt. So dürfte Stumms Schwiegersohn Heinrich Detmar Pasterts die Mitgift seiner Frau zum Ausbau seines sechs Jahre zuvor erworbenen Züscher Hammerwerkes sehr willkommen gewesen sein.
  Mit der Übernahme des Werkes verlegt Pasterts seinen Sitz von Weitersbach nach Züsch, wo seine drei Söhne und zwei Töchter zur Welt kommen, von denen aber nur Maximilian  als einziger Sohn und Erbe sowie Charlotte Dorothea und Karoline Antonia Friederike das Kindesalter überleben.
  Maximilian erblickt am 3. April 1796 in Züsch das Licht der Welt. Schon in jungen Jahren ist er von seinem Vater in die Unternehmensführung aufgenommen worden. Als Heinrich Detmar Pasterts 72jährig im Jahre 1822 stirbt, ist sein Sohn und Erbe Maximilian Pasterts erst 26 Jahre alt. Um diese Zeit sind nur noch vier Arbeiter im Hammerwerk beschäftigt, die vorwiegend Schmiedeeisen aus rheinischen Masseln herstellen und es auf eine Produktionsmenge von rund 1.000 Zentner Schmiedeeisen – insbesondere Reck-, Stab-, Nagel- und Reifeisen – bringen.
  Die unternehmerische Leistung des Firmengründers und Hüttenherrn Peter Pasterts ist von keinem seiner Nachfolger auch nur annähernd erreicht worden. Auch Maximilian Pasterts ist es nicht gelungen, das von seinem Vater übernommene, aber schon angeschlagene Werk wieder auf einen höheren Ertragsstand zu bringen.
  Ab dem Jahre 1832 führt Maximilian Pasterts Verkaufsverhandlungen und ein Jahr später wird der unrentabel gewordene Züscher Hammer für 12.000 Taler an das in Mariahütte angesiedelte Unternehmen Gottbill verkauft. Gottbill beschäftigt für kurze Zeit noch vier Arbeiter, ehe das Werk dann endgültig stillgelegt wird.
 
  Bauunternehmer in Hermeskeil
  Gleich nach dem Verkauf des Züscher Hammers scheint der inzwischen 37 Jahre alt gewordene Maximilian Pasterts seinen Wohnsitz nach Hermeskeil verlegt zu haben, wo bereits seine jüngere Schwester Karoline Antonia Friederike lebt, die seit 1825 mit Johann Karl Weber verheiratet ist. Kennen gelernt hat sich das Paar in Züsch, wo Johann Karl 1802 als Sohn des Ackerers, Viehhändlers und Kirchenrechners gleichen Namens zur Welt gekommen ist. Die Züscher Weber lassen sich auf den im Jahre 1684 geborenen und im Jahre 1760 in Züsch verstorbenen Untertan und Müller Johann Theobald Weber zurückführen, dessen Nachkommen alle als Gerichtsmänner und Kirchenschöffen in Erscheinung treten.
  Die Einheirat seiner Schwester in die Familie Weber verschafft dem ehemaligen Hüttenbesitzer Maximilian Pasterts Zugang in einen aufs engste miteinander verflochtenen Familienverband mit großem Einfluss auf das gesellschaftliche Leben in Hermeskeil. Die Schwester von Maximilians Schwager Johann Karl Weber, Antonette, ist seit 1800 mit dem Gerichtsschreiber und Steuereinnehmer Anton Benedikt Sepp verehelicht, der wiederum ein Sohn des ehemaligen kurfürstlichen Gerichtsschreibers und Amtsboten Johann Sepp ist, der von den Franzosen im Jahre 1807 zum Maire eingesetzt wird. Sepps Ehefrau Maria Sophia Klöckner ist die Schwester des einflussreichen kurfürstlichen Wildmeisters Johann Matthias Klöckner aus Kell, der dort im Jahre 1776 ein noch heute erhaltenes herrschaftliches Wohn- und Ökonomiegebäude errichtet hat.
  Die beiden Töchter des Johann Sepp und der Maria Sophia Klöckner, Anna Maria und Anna Elisabeth, tragen mit ihren Ehen zu einem erheblichen Anstieg von Ansehen und Einfluss bei. Die erstere heiratet den aus Luxemburg stammenden Bierbrauer Jakob Behm, der in späteren Jahren gemeinsam mit seinen beiden Söhnen Benedikt und Philipp die Tradition der Hermeskeiler Bierbrauerein begründen wird. Und die jüngere wird die Ehefrau des Hermeskeiler Bäckers und Wirtes Johann Karl Schwarz, seit dem Jahre 1808 als Nachfolger seines Schwiegervaters Johann Sepp neuer Maire in Hermeskeil. In einer Sitzung der Vertreter des Kantons Hermeskeil wird Johann Karl Schwarz zum Bürgerpräsidenten ernannt. Von den Preußen wird Schwarz im Jahre 1814 seines Amtes enthoben, weil er von mehreren Gemeinden der Veruntreuung von Militärverpflegungsgeldern bezichtigt wird. Zu seinem Nachfolger ernennt die königlich-preußische Regierung zu Trier den Notar Karl Philipp Beck, der fünf Jahre später die Tochter Sophia seines Vorgängers zur Frau nehmen wird.
  Ein wichtiger Grund für die unehrenhafte Absetzung des Maire Johann Karl Schwarz darf man auch im umstrittenen Erwerb von Grundbesitz vermuten. Ihm wie übrigens auch seinem Amtskollegen und Cousin seiner Frau, Conrad Klöckner in Kell, Sohn des Wildmeisters Johann Matthias Klöckner, wird vorgeworfen, bei den Güterversteigerungen der von den Franzosen eingezogenen Kirchenländereien nicht nur ihrem Auftrag gemäß für die Gemeinden, sondern auch für sich selbst und zum eigenen Vorteil fleißig mitgesteigert zu haben, und das im Zusammenspiel mit seinen Schwägern Sepp und Behm.
  Als sich Maximilian Pasterts nach dem Verkauf des Züscher Hammers als Unternehmer in Hermeskeil niederließ, dürfte er im Familienverband der Sepp, Schwarz, Behm und Weber leicht Fuß gefasst haben. Schon nach kurzem Wirken in Hermeskeil gelingt ihm ein erheblicher Zugewinn an Grundvermögen in bester Lage – durch Tausch mit der Verwandtschaft, durch Kauf und durch seine neue Tätigkeit als Unternehmer.
  Gemeinsam mit seinem Schwager Johann Karl Weber plant Pasterts in den Jahren 1834/35 die Anlegung einer Branntweinbrennerei und einer zusätzlichen Bierbrauerei in Hermeskeil – neben der bereits bestehenden des Jakob Behm und seiner beiden Söhne. Die Erlaubnis der Wasserentnahme aus dem öffentlichen Brunnen in der Straße nach Züsch wird ihm in Aussicht gestellt. Pasterts verweist auf die Steuerzahlungen, die später von seinem Unternehmen eingehen werden, beklagt aber gleichzeitig, dass viele Bürger seinem Vorhaben Widerspruch und Ablehnung entgegenbringen statt freundliches Entgegenkommen. Der Hermeskeiler Schöffenrat stimmt dem Vorhaben zu und genehmigt die Wasserentnahme in einem für die Anwohner unschädlichen Umfang. Kurz vor Vertragsabschluss stoppt die Regierung zu Trier aber das Vorhaben. Betroffene Einwohner hatten der hochlöblichen Regierung zu Trier dargelegt, dass unter dem Vorwand nützliche Anstalten zu errichten Wasser entzogen werde, das sie für die Viehtränke dringend benötigen und das für sie unentbehrlich sei. Den Pasterts und seinen Schwager solle man mit ihrem unbilligen Antrag ab und zur Ruhe weisen.
  So ist zunächst einmal die Errichtung einer neuen Brauerei abgeblockt worden. Später aber wird sein Neffe Heinrich Christian Weber die Tradition des Hermeskeiler Bieres begründen – eine Tradition allerdings, die im Jahre 1920 mit der Übernahme durch die Trierer Brauerei Caspary ihr schnelles Ende finden wird.
  Maximilian Pasterts richtet sein unternehmerisches Augenmerk nunmehr auf das Bauwesen – an bevorzugten Grundstücken haben er und seine Verwandtschaft keinen Mangel. Im Laufe der Jahre wird Pasterts als lediger und fürsorglicher Onkel für seine fünf Neffen prächtige, vorwiegend in klassizistischer Formensprache konzipierte Gebäude errichten, die bis zum heutigen Tag das Stadtbild wesentlich mitprägen – der alte Posthof, das gegenüberliegende ehemalige Hotel, die alte Apotheke, ein heute noch beeindruckendes Bauernhaus.
  Neben dieser mehr oder weniger privaten Bautätigkeit sucht Pasterts auch den Einstieg in das öffentliche Bauwesen. Zunächst wird er im Jahre 1836 als Bauunternehmer mit dem Neubau der evangelischen Kirche in Züsch beauftragt – auf historischem Boden der Vorgängerkirchen von 1504 und 1724. An der Planung der preußischen Oberbaubehörde in Berlin ist auch der Kommunalbaumeister Johann Baptist Bingler beteiligt, der sich mit vielen gelungenen Kirchenbauten im Trierer Land einen guten Namen machen wird – so auch in Kell und Hermeskeil, sodann in Beuren, Schöndorf, Franzenheim. Der Züscher Kirchenneubau wird teils aus des Königs Majestät verliehenen Gnadengeschenk von 1.800 Reichstalern, teils aus Mitteln der evangelischen Pfarrgemeinde erbaut. Im Oktober 1837 wird die in eigenständiger architektonischer Gestalt eines strengen Klassizismus von Pasterts erbaute Kirche als erstes evangelisches Gotteshaus im Kreisgebiet eingeweiht.
  Das nächste Kirchenbauprojekt steht in Kell an. Die alte Kirche aus der Mitte des 13. Jahrhunderts ist schon lange Jahre zu klein und auch baufällig. Die ebenfalls vom Kommunalbaumeister Bingler entworfene Kirche wird mit rund 10.000 Reichstaler angesetzt und zur Ausführung angeboten. Weil der Bau zu gering veranschlagt sei, hat kein Bauunternehmer ein Angebot unterbreitet. Verhandlungen mit dem Entrepreneur Pasterts zu Hermeskeil führen zu dem Ergebnis, dass dieser bei einem gewissen Aufschlag zu den vorgegebenen Baukosten die Arbeiten zu übernehmen bereit ist. Offensichtlich sucht man aber noch andere Unternehmer für die Übernahme der Bauarbeiten zu gewinnen, denn Pasterts droht, an sein Gebot nicht weiter gebunden zu sein, wenn der Bau von neuem verdingt werden sollte. Im Mai 1839 willigt der Keller Schöffenrat in die von Pasterts verlangten Mehrkosten ein, wobei diese durch extraordinaire Fällungen im Gemeindewald beschafft werden sollen.
  Maximilian Pasterts führt den Keller Kirchenbau nicht selbst aus, sondern beauftragt den Freudenburger Baumeister Carl Friedrich als Subunternehmer. Die Arbeiten gehen zügig voran und Anfang Oktober ist auch der Kirchturm hochgezogen. In der Nacht vom 11. auf den 12. Oktober 1840 geschieht das Unglück: Der fast fertige Turm stürzt krachend ein und zieht den mit ihm verbundenen Kirchengiebel mit in die Tiefe. Der Bauunternehmer sieht den Grund dieses Unglücks im mangelhaften Material, während die Bausachverständigen die unsachgemäße Maurerarbeit reklamieren – aus gutem Grund, denn die beiden mittleren Tragepfeiler, die die Hauptlast des schweren Turmes tragen, habe man im Inneren mit einer Schüttung aus kleinen Steinen und schlechtem Mörtel versehen, anstatt mit entsprechend großen Bruchsteinen einen durchgehenden Verband herzustellen.
  Maximilian Pasterts und die übergeordneten Behörden veranlassen den Subunternehmer Friederich zum Wiederaufbau des Turmes – auf eigene Kosten. Friedrich hat dann tatsächlich den Turm zum zweiten Male aufgebaut und den Kirchenbau vollendet, ist dann aber in finanzielle Schwierigkeiten gekommen, die die Familien- und Vermögensverhältnisse zerrüttet haben. Friedrich stirbt unmittelbar nach der Fertigstellung der Keller Kirche. Seine Witwe beklagt seinen Tod als Folge dieses verderblichen Ereignisses und bittet mehrmals vergebens um Unterstützung und Erstattung der Mehrkosten. Die Kirche St. Bartholomäus ist übrigens sieben Jahre später am 25. August 1847 konsekriert worden.
  In Hermeskeil ist die Anzahl der evangelischen Mitbürger stetig gestiegen – von vier im Jahre 1814 auf 86 im Jahre 1849 – so dass die Notwendigkeit einer eigenen Kirche immer mehr in den Vordergrund tritt. Auf Betreiben des Hermeskeiler Bürgermeisters Alexander von Konarsky und des Presbyteriums wird im Juni 1852 der Grundstein gelegt. Mitglieder des Presbyteriums sind Johann Karl Weber und Maximilian Pasterts, der auch mit der Ausführung der Bauarbeiten beauftragt wird. Nach erstaunlich kurzer Bauzeit von nur 15 Monaten kann das im klassizistischen Baustil erbaute Gotteshaus eingeweiht werden. Im selben Jahr werden drei Gusstahlglocken angeschafft, sie gelten als das älteste Geläut dieser Art in Deutschland.
   
Abgeordneter in Berlin
  Die wachsende gesellschaftliche Reputation des ehemaligen Hüttenherrn und jetzigen Unternehmers und Gutsbesitzers Maximilian Pasterts drückt sich auch in seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten aus. Er ist nicht nur Mitglied im Presbyterium der evangelischen Kirchengemeinde Hermeskeil, sondern auch korrespondierendes Mitglied im Historisch-antiquarischen Verein für Saarbrücken und Umgebung - wie sich der Historische Verein für die Saargegend damals nennt – und engagiert sich ebenso als Mitglied im Hermeskeiler Schützenverein.
  Inwieweit die mit den meist konservativ gesinnten Mitgliedern des Historisch-antiquarischen Vereins gepflegten Kontakte Maximilian Pasterts politische Einstellung beeinflusst hat, ist nur zu vermuten. Jedenfalls finden wir ihn zu Beginn des Jahres 1849 im Kreis der politisch motivierten Persönlichkeiten, die sich um ein Mandat in der zweiten Kammer des preußischen Abgeordnetenhauses bemühen und eher den Liberalen zuzurechnen sind.
  Nach der turbulenten Auflösung der Deutschen Nationalversammlung erlässt König Friedrich Wilhelm IV. eine in aller Stille ausgearbeitete Verfassung. Zwar finden sich Formulierungen aus den Verfassungsentwürfen der Nationalversammlung teilweise wörtlich wieder, aber der absolutistische Hintergrund der oktroyierten Verfassung ist nicht zu verkennen. Es sind zwei Kammern vorgesehen. In der ersten Kammer werden vorwiegend vom König ernannte adelige Abgeordnete und solche aus dem Großgrundbesitz zu finden sein, in die zweite Kammer kann jeder selbständige Preuße ... stimmberechtigter Urwähler sein, insofern er nicht aus öffentlichen Mitteln Armenunterstützung bezieht. Die bei den Urwahlen bestimmten Wahlmänner schließlich wählen die Abgeordneten des jeweiligen Wahlbezirkes, dessen Einteilung dem jeweiligen Regierungspräsidenten vorbehalten bleibt – was eine ständig wechselnde Wahlkreiseinteilung mit sich bringen wird.
  Die Wahlen im Februar 1849 werden beherrscht von der entscheidenden Frage, ob die neue Verfassung angenommen oder abgelehnt werden soll. An dieser Frage orientiert sich die politische Gruppenbildung.
  Für den Wahlkreis 1 – Stadt und Landkreis Trier einschließlich Wadern und großen Teilen der Mark Thalfang – wird Maximilian Pasterts für die Konstitutionellen aufgestellt. Gegen den bereits nominierten Kaufmann Secherling hat der Trierer Liberale Friedrich Zell den Hermeskeiler durchgesetzt, weil er sich von seiner Kandidatur die Stimmen der Wahlmänner des Hochwaldes verspricht. Bei den eigentlichen Wahlen am 5. Februar siegt dann der von den Demokraten aufgestellte Trierer Landgerichtsassessor Otto mit 190 Wahlmännerstimmen zu 74 für Pasterts. Auch im zweiten Wahlgang geht Maximilian Pasterts leer aus und unterliegt dem Trierer Thomas Simon.
  Wenige Wochen später wird das Abgeordnetenhaus wegen unüberbrückbarer Gegensätze in der Kaiserfrage bereits wieder aufgelöst. Die Wiedererrichtung des deutschen Kaiserreiches schien ihrer Verwirklichung so nahe, klagen Pasterts Konstitutionelle und beschwören in einer in Trier verfassten Adresse den preußischen König zur Annahme der Kaiserwürde und Anerkennung der Verfassung, um das Vaterland zu retten. Die politische Lage verschärft sich zwar in den folgenden Monaten, aber nach den turbulenten Wochen seit der Kammerauflösung – es sei an den Sturm auf das Prümer Zeughaus erinnert – kehrt Ruhe ein oder, wie man in der Trier’schen Zeitung lesen kann, eine dem Stumpfsinn gleiche Passivität. Die alten Machtverhältnisse und Autoritäten gewinnen wieder Oberhand – Restauration und Reaktion machen sich breit und bewirken eine mehr oder weniger stark verbreitete politische Resignation.
  Maximilan Pasterts tritt bei den Wahlen im Juli 1849 erneut an, diesmal aber im Wahlkreis 3, der vorwiegend aus den Kreisen Wittlich und Bernkastel gebildet wird. In zwei Wahlgängen werden die beiden Wahlkreisabgeordneten gewählt. Im ersten Wahlgang setzt sich der Trierer Kaufmann und Bankier Ludwig Mohr gegen den aus Koblenz kommenden Oberpräsidialrat von Gärtner durch und dem Hermeskeiler Maximilan Pasterts geben die Wahlmänner in einem zweiten Wahlgang den Vorzug gegenüber von Gärtner.
  So hat es Maximilian Pasterts nach zwei Anläufen endlich geschafft, in die zweite Kammer des preußischen Abgeordnetenhauses einzuziehen. Dort setzt er sich für die Belange seines Wahlkreises, vor allem des Hochwaldes und seines Heimatortes Hermeskeil ein. Gegen die im Laufe des Jahres 1849 offen gelegten Pläne des Trierer Landrats Eduard Otto Spangenberg – der Jahre zuvor kommissarischer Landrat des Landkreises St. Wendel gewesen ist - die Steuerkasse von Hermeskeil nach Nonnweiler zu verlegen, wehrt sich der frisch gewählte Abgeordnete Pasterts mit Erfolg. Einflussreiche Bürger in Hermeskeil vermuten einen Akt des Misstrauens gegen ihren Abgeordneten. Dieser allerdings hat schon Kenntnis von Überlegungen für eine Gebietsreform, nach der die Stadt Trier dem Landkreis Trier unterstellt werden soll – möglicherweise als Folge des aufsässigen Verhaltens der Stadt Trier im Revolutionsjahr 1848 – und überhaupt eine neue Kreiseinteilung vorgesehen sei. Danach sei Hermeskeil als Sitz eines neuen Hochwaldkreises vorgesehen. Pasterts setzt sich für diese Pläne eifrig ein, schmiedet Bündnisse in Berlin und verfasst mehrere Eingaben, in denen er sein Engagement für den ländlichen Raum offenbart: Die Regierung solle mehr tun für das flache Land anstatt für die Städte mit ihren verbildeten, unruhigen Barrikadenbauern.
  Als der Trierer Regierungspräsident dem preußischen Innenminister die neue Kreiseinteilung mit dem Kreis Hermeskeil dann offiziell vorschlägt, gehört Pasterts der zweiten Kammer des preußischen Abgeordnetenhauses schon nicht mehr an – die Wahlzeit ist Mitte Mai 1852 abgelaufen. Die Reformpläne werden aber von Pasterts weiterhin gefördert. So wirbt er bei mehreren Bürgêrmeistern um Zustimmung, so auch in der Bürgermeisterei Kell, wo er auch als Unternehmer tätig gewesen ist. Im Juli des Jahres 1855 steht die Bildung eines Landratsamtes in Hermeskeil auf der Tagesordnung, und der Samtgemeinderat findet nach reiflicher Überlegung gegen das Projekt nichts einzuwenden und stimmt zu.
  Mit dem Inkrafttreten der Rheinischen Städteordnung 1856 – die Selbstverwaltungsrechte der kreisfreien Städte werden neu geordnet und gestärkt – nimmt die Regierung Abstand von den Plänen einer neuen Kreiseinteilung, nach denen die heutige Hochwaldmetropole Hermeskeil beinahe Kreisstadt geworden wäre.
  Nach den Turbulenzen der Revolutionsjahre 1848/49 und der folgenden Restauration und Reaktion setzt die preußische Regierung alle Hebel in Bewegung, um bei der bevorstehenden Wahl zur zweiten Kammer des preußischen Abgeordnetenhauses Ende des Jahres 1852 absolut regierungsfreundliche Kandidaten zum Zuge kommen zu lassen. Diesen gouvermentalen Kandidaten stehen als politische Gegner die Vertreter des katholischen Katholizismus – die Klerikalen – und die schwächeren Liberalen, die sich für eine freie Verfassung und eine konstitutionelle Monarchie einsetzen, gegenüber.
  Maximilian Pasterts und Karl Richard von Beulwitz, Besitzer des Gutes Mariahütte und Mitinhaber des Hüttenwerkes Gottbills sel. Erben kandidieren für die Konstitutionellen. Von Beulwitz signalisiert seine Bereitschaft zum Anschluss an die Gouvermentalen, wenn die Regierung der projektierten Hochwaldbahn den Vorzug gegenüber anderen Linienführungen, vor allem der Saartallinie, gebe. Um der für die Erschließung des Hochwaldes so wichtigen Frage den entsprechenden Rückhalt zu geben, hat sich ein Hochwaldkomitee aus prominenten und einflussreichen Persönlichkeiten - Job von Nell, die Freiherren von Zandt und de Lasalle von Louisenthal und eben auch Karl Richard von Beulwitz und Maximilian Pasterts – gebildet, das mit verschiedenen Petitionen vehement die Interessen des Hochwaldes, wenn auch letztlich vergebens, vertreten wird.
  Da greift auch nicht der persönliche Kontakt des Hermeskeiler Abgeordneten Maximilian Pasterts zu dem westfälischen Kollegen Friedrich Harkort, der sich schon seit langem für den Eisenbahnbau einsetzt und sich mit seinem 1825 berühmt gewordenen Ausruf Eisenbahn-Railroads für den deutschen Eisenbahnbau einen guten Namen gemacht hat. 1833 veröffentlich Harkort einen umfassenden Plan für ein westdeutsches Eisenbahnnetz, der weitgehend den späteren tatsächlich realisierten Streckenverlauf vorweg nimmt.
  Der zweiten Kammer des preußischen Abgeordnetenhauses gehört Friedrich Harkort von 1848 bis 1870 ununterbrochen an. Politisch vertritt er konsequent die parlamentarische Verfassung gegen Revolution und Reaktion und zählt zur liberalen Linken des Abgeordnetenhauses. Als Abgeordneter tritt er insbesondere für eine verbesserte Bildungspolitik ein und engagiert sich für Sozialfragen. Als politischer Publizist tritt er mit ungezählten Schriften hervor.
  Maximilian Pasterts lernt in Berlin den Abgeordneten Friedrich Harkort als einen Menschen von hoher Auffassung vom Wesen der Politik kennen und schätzen. Als unbeirrbarer Verfechter bürgerlicher Freiheit und echter Liberalität in Staat und Gesellschaft wird Harkort die politisch-liberale Grundeinstellung des Abgeordneten Maximilian Pasterts beeinflusst haben.
  So wird es verständlich, wenn Maximilian Pasterts im Vorfeld zur 1852er Wahl den von Friedrich Harkort verfassten Konstitutionellen Wahlkatechismus pro 1852 für das Volk unter die Leute zu bringen versucht. Landrat Spangenberg lässt auf Anordnung höheren Orts die bereits im Umlauf befindlichen Wahlprogramme konfiszieren und sie, soweit er ihrer habhaft werden kann, der Staatsanwaltschaft übergeben. Bei einer Hausdurchsuchung im Pasterts’schen Haus in Hermeskeil finden sich nur noch zwei Hefte des Wahlkatechismus.
  Bei der streng katholisch-ländlich strukturierten Bevölkerung des Wahlkreises gewinnen eindeutig die Klerikalen mit dem späteren Bischof Matthias Eberhard und dem früheren Trierer Oberbürgermeister Wilhelm Haw. Die regierungstreuen Kandidaten, aber auch die Liberalen – unter ihnen Maximilian Pasterts - haben keine Chance.
  So bleibt es bei nur einer Legislaturperiode für den nun 56jährigen Hermeskeiler Abgeordneten Maximilian Pasterts, der sich in den folgenden Jahren nicht mehr in das politische Geschäft einmischen wird. Die folgenden 24 Jahre seines Lebens liegen vorerst noch im Dunkeln. Nach der Familienüberlieferung soll sich Pasterts des öfteren in bekannten Spielcasinos aufgehalten und sein Vermögen zum größten Teil durchgebracht haben. Vier Jahre nach dem Tode seiner Schwester Karoline Antonia Friederike ist Maximilian Pasterts am 9. November 1876 verarmt und einsam verstorben und auf dem evangelischen Friedhof in Hermeskeil beigesetzt worden. Die Gedenktafel in der von ihm erbauten evangelischen Kirche weist den preußischen Lieutnant als Veteranen der Freiheitskriege aus.
 
     
Quellen
Landeshauptarchiv Koblenz
    Best. 403 Nr. 1490: Dort findet sich ein Exemplar des Konstitutionellen Wahlkatechismus pro 1852 für das Volk.
    Best. 403 Nr. 5422: Akten über die Kreiseinteilung
    Best. 442 Nr. 4250: Anlegung einer Branntweinbrennerei und Bierbrauerei 1834-1835.
    Best. 655,157 Nr. 53: Beschlussbuch der Bürgermeisterei Kell.
Mündliche Auskunft:
    Witwe Ewald Weber in Nonnweiler.
    Witwe Erich Weber in Hermeskeil
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Literatur
Edgar Christoffel, Die Geschichte des Landkreises Trierer Landkreises Trier-Saarburg von den Anfängen bis zur Gegenwart 1815-1992, Trier 1993.
Karl Fix, Beiträge zur Geschichte der Eifeler Reidemeisterfamilien, in: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde, Band 14/1950, 15/1951 und 19/1960.
Friedrich Harkort, Bemerkungen über die Hindernisse der Zivilisation und Emanzipation der untern Klassen, o.O. 1844.
Bernd Haunfelder, Biographisches Handbuch für das preußische Abgeordnetenhaus 1849-1867, Düsseldorf 1994.
Hermeskeil. Aufstieg zum zentralen Ort. Eine Dokumentation in Bild und Schrift, Horb am Neckar 1993.
Karl Kratz, Hermeskeiler Bier, in: Hermeskeil gestern und heute, bearb. von Jürgen Braun, Karl Kratz, Karl Mühl und Hans Reichert, Hermeskeil 1981.
Ditmar Lauer, Die Hochwaldeisenbahn, in: Der Hochwald. Menschen, Landschaft, Geschichte, Kultur, Trier 1983.
Heinz Monz (Hg.), Trierer Biographisches Lexikon, Trier 2000.
Erich Nolte, Bilder aus der Vergangenheit des Historischen Vereins für die Saargegend, in: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend (Festschrift zum 120jährigen Jubiläum), Saarbrücken 1959.
Walter Petto, Einwohner von Züsch, Neuhütten, Damflos 1574-1820, Saarbrücken 1985.
Walter Petto, Erz und Eisen im Hochwald. Beiträge zur Wirtschafts- und Personengeschichte, Nonnweiler 1997.
Hansjürgen Schierbaum, Die politischen Wahlen in den Eifel- und Moselkreises des Regierungsbezirks Trier 1849-1867, Düsseldorf 1960.
Reiner Schmitt, Familienbuch der katholischen Pfarrei St. Martinus Hermeskeil 1804-1899, Neuhütten 1998.
Edmund Schömer, Maximilian Pasterts. Ein liberaler Hermskeiler im preußischen Landtag von 1849 bis 1852, in: Der Schellemann 4/1991.
Emil Zenz, Landrat Spangenberg, der den Bischof verhaftete, in: Jahrbuch Kreis Trier-Saarburg 1981.
Walter Zimmermann, Die Kunstdenkmäler des Kreises Kreuznach (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz Band 18,1)
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Erschienen in: Jahrbuch des Kreises Trier-Saarburg 2002